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Transistortausch in der Endstufe – Paarungszeit?

HiFi Reparatur und Service

Immer wieder flammen Diskussionen auf wenn es um die Reparatur der Endstufe bzw. den Austausch von defekten Endstufentransistoren geht.

Insbesondere geht es hierbei oft um zwei Punkte:
1. Müssen wirklich alle Transistoren getauscht werden, auch wenn der Großteil noch OK ist?
2. Müssen die neuen Transistoren gepaart werden?

Ich habe es schon sehr oft erlebt und mitbekommen das viele „Bastler“, „Garagenreparierer“ oder Hobbyelektroniker in der Endstufe den defekten Transistor ersetzen, vielleicht noch kurz über den Emitterwiderstand messen (wobei hier auch meist auf eine genaue Vierleitermessung verzichtet wird) und anschließend, insofern der Verstärker wieder funktioniert, ihren Job als erledigt ansehen.

Dieses Vorgehen mag für manche vielleicht akzeptabel sein, aus technischer Sicht vielleicht auch noch vertretbar, wenn es sich um ein „günstigeres oder billiges“ Gerät handelt, aber mit Sicherheit hat diese Bastelei nichts im High-End Bereich verloren, wo stets Gewissenhaft gearbeitet werden sollte und auch nach der Reparatur die Spezifikationen eingehalten werden sollen, um diverse Parameter wie z.B die Verzerrung so niedrig wie möglich zu halten! Die Qualität der Reparatur kommt einen am Ende nur selbst zu Gute, da eine Laienhafte Reparatur zu einer hohen Ausfallrate führen kann.

Um das Problem und die Thematik zu Veranschaulichen habe ich mir extra die Arbeit gemacht und einen x-Beliebigen (natürlich vom selben Typ, aber eine komplett andere Charge) Transistor in eine Endstufe eingebaut ohne diesen vorher zu messen bzw. an die anderen Transistoren „einzumessen“.

Wie man sehen kann sind alle 2SC3855 Transistoren aus der Charge „83P“ bis auf den mittleren, welcher gegen einen Transistor der Charge 2NP getauscht wurde.
Nach dem ersten einschalten scheint alles ganz normal zu funktionieren, der Ruhestrom lässt sich einwandfrei einstellen und alles scheint in Ordnung zu sein.
Allerdings liegt das Problem wie schon oben beschrieben im Detail begraben – betrachtet man das Transistorgespann mit einer Wärmebildkamera kommt das wahre Ausmaß dieser „Bastelei“ ans Licht.

Die Endstufe war für 15 Minuten ohne Last sowie ohne Eingangssignal im Betrieb, bereits hier zeigt sich gegenüber den anderen Transistoren eine deutliche höhere Temperatur des getauschten Transistors.
Um das ganze noch weiter voran zu treiben belaste ich die Endstufe für 5 Minuten bei einer Ausgangsleistung von 2x 35W an 4Ohm, 1kHz.

Während die Transistoren links und rechts noch in einem akzeptablen Temperaturbereich arbeiten, ist der „fremde“ Transistor bereits bei einer Temperatur von 82,9C angelangt.
Ich möchte erst gar nicht davon reden wie es endet, würde man die Endstufe länger und mit mehr Leistung belasten.

Um die Transistoren nun im Detail zu untersuchen wird der zuvor eingebaute wieder ausgelötet und mit einem „originalen“ vermessen bzw. verglichen.
Hierzu verwende ich zuerst einen herkömmlichen Transistortester auf µController-Basis

Messwerte des 2SC3855 der original verbauten Transistorcharge

Interessant hier sind grundsätzlich die Verstärkung sowie vorwiegend die Ube-Spannung, welche in diesem Fall bei 530mV liegt.

Messwerte des ausgetauschen Transistor

Wie man erkennt ist die Ube-Spannung bei diesem Transistor ähnlich, aber nicht zur Gänze gleich. Kleine Schwankungen können in der Regel durch die Emitterwiderstände ausgeglichen werden, insofern die Ströme unter den Transistoren keine zu großen Unterschiede aufweisen.
Um das ganze aber wirklich Gewissenhaft zu vermessen und vorallem eine Reparatur für den High-End-Bereich durchzuführen muss noch eine weitere aussagekräftige Messart herangezogen werden. Die Rede ist von einer Transistormessung mithilfe eines Oszilloskops im XY-Betrieb.
Vergleicht man hier die beiden Transistoren werden schon deutlich größere Unterschiede bemerkbar.

Wie man anhand der Aufnahmen sehen kann unterscheidet sich die Emitter-Kollektorstrecke zwischen den beiden Transistoren deutlich. Das heißt nicht das der eine oder der andere Defekt ist – es ist lediglich eine andere Charge und daher kann es zu Abweichungen der elektrischen Paramter kommen.

Heißt das nun das bei einem Transistordefekt alle anderen intakten Transistoren mitgetauscht werden müssen? Nein! Denn es bleibt nun immernoch die Möglichkeit einen Transistor zu finden welcher sehr gut zu den Parametern der restlich verbauten Transistoren passt.

Da ich über 10 Stück der 2SC3855 lagernd habe, suche ich anhand der gemessenen Daten einen gut passenden und löte diesen wieder in die Endstufe.

Nach 30 Minuten Betrieb ohne Last und Signal zeigt sich nun ein deutlich homogeneres Bild.
Zum Abschluss und für einen guten Vergleich erfolgt wieder ein 5-Minütiger Leistungstest mit 2x 35W Ausgangsleistung an 4 Ohm, 1kHz.

Wie man deutlich erkennen kann bewegen sich die Temperaturen der Halbleiter nun in einem sicheren Bereich, der auch gewährleistet das die Endstufe wieder für lange Zeit zuverlässig arbeiten wird.

2 Antworten

  1. Franka sagt:

    Hallo, sehr anschaulich und informativ geschrieben! Dieses matching setzt allerdings voraus dass man auch genügend Bauteile des Typs zur Verfügung hat. Es gibt allerdings auch Fälle z.B. bei älteren Geräten oder Exoten, wo man froh sein muß wenn man überhaupt noch ein Teil bekommt. Da ist ein matchen der Bauteile nicht möglich. Teilweise gibt es keine Originalteile mehr sodaß Ersatztypen mit ähnlichen Werten zum Einsatz kommen. Man kann diese Ersatztypen zwar auch matchen; aber da man sich hier sowieso außerhalb der ursprünglichen Parameter bewegt macht es nicht unbedingt Sinn. Ich bin ja hauptsächlich in der Röhrentechnik zu Hause. Mein ältestes Gerät ist von 1924 und aus den USA. Röhren aus dieser Zeit sind mit wenigen Ausnahmen nur noch gebraucht zu bekommen und haben auch unterschiedliche Verschleißzustände. Hier geht es im Prinzip nur noch darum, das Gerät in den funktionstüchtigen Zustand zu versetzen. Das Problem hatte ich letztes Jahr bei einem Verstärker aus dem Jahre 1976. Ein Transistor hab ich aus Italien bekommen; die anderen aus Frankreich und England, die 4-Pin Elkos kamen aus den USA.

    Viele Grüße
    Franka

    • hifi-workshop sagt:

      Hallo,
      vielen Dank für das Kommentar!
      Tatsächlich sind für alte Geräte die Teile sehr schwer aufzutreiben. Allerdings haben viele Techniker (mich eingeschlossen) einfach auch von alten Geräten viele Teile über die Jahre gesammelt. Somit besteht auch hier die Möglichkeit eines gewissen Matchings. Allerdings gibt es doch in den meisten Fällen viele Ersatztypen welche gleiche Parameter aufweisen – man muss nur lange genug suchen, und anschließend auch gewissenhaft justieren und messen, um sicherzustellen das Verzerrungen und der Frequenzgang im Rahmen der Vorgaben liegen.

      Liebe Grüße
      hifi-workshop.com

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