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Yamaha A-1 – der Untergang (Analyse)

HiFi Reparatur und Service

Wenn man denkt es geht nicht mehr (schlimmer), kommt von irgendwo ein A-1 daher.
Unter diesem Motto muss ich wohl leider diesen sehr langwierigen Blogeintrag verfassen…

Das Gerät war vor einiger Zeit zur „Reparatur bzw. Überholung“ bei einem HiFi-Laden in Deutschland, Bad Oldesloe. Wobei der Ausdruck Reparatur bzw. Service bei den durchgeführten Arbeiten wohl eher so weit entfernt wie die Erde vom Mars ist.
Wie es aussieht ist dem eigentlichen Besitzer des Geräts auch nichts darüber bekannt (das Gerät funktioniert ja Augenscheinlich) – Der Grund für die Einlieferung liegt eher bei der Frontklappe (typisch gebrochene Scharniere) und einem allgemeinen Service.

Aber alles der Reihe nach – bevor ich das (eigentlich „funktionierende“) Gerät in Betrieb setze, nehme ich erstmal den Gehäusedeckel sowie die Bodenplatte ab, und führe eine reine Sichtprüfung durch.

Einige Dinge fallen hierbei sofort auf (was eigentlich kein gutes Zeichen darstellt – ist eine Reparatur professionell durchgeführt, sollten auf den ersten Blick keine Abweichungen zum Originalzustand auffallen…)

Beschädigte Leiterbahnen auf der Netzteilplatine
Sicherungswiderstände der Vorstufe wurden gegen normale Kohleschichtwiderstände getauscht – Brandgefahr
Vorwiderstände der Endstufentreiber wurden ebenso durch Metallschichtwiderstände ersetzt – Brandgefahr

Ebenso ins Auge stechen diverse „abgenudelte“ Schrauben der Endstufenblöcke

Kein Weltuntergang – aber von einem professionellem Servicebetrieb sollte man eigentlich adäquates Werkzeug erwarten um solche Zustände zu verhindern

Ein seitlicher Blick auf die Endstufentransistoren lässt mich hier aufhorchen:

Blitzt da etwa ein „CDIL“ am Transistor hervor? Das wäre ja die Krönung schlechthin – immerhin steht am komplementären Transistor der selben Seite noch „SANKEN“.
Ein Blick auf die Unterseite verrät – hier wurde aufjedenfall ordentlich „gepfuscht“.

Beschädigte Leiterbahnen im Endstufen und Endstufentreiberbereich

Auch im Phonobereich sowie der Unterseite der Vorstufe wurde vom feinsten gebastelt…
Durch Unsachgemäßen Ausbau der Vorstufe ist ein Stück Platine gebrochen, ebenso wurden die Koppelkondensatoren der Phonostufe mit einem Lötkolben angesenkt.

geschmolzener Filterkondensator durch unsachgemäße Lötkünste sowie eine gebrochene Vorstufenplatine

In der Equalizerstufe wurde wohl verzweifelt versucht einen Fehler zu finden und schlicht sämtliche Transistoren und Widerstände ausgewechselt, während die andere Seite „Original“ belassen wurde.

weiterer angeschmolzener Kondensator

Soweit zur Befundaufnahme der offensichtlichen Mängel – die Liste ist zugegeben erstmal ziemlich lang, aber angeblich soll das Gerät ja funktionieren. Darauf bin ich sehr neugierig und lass den Verstärker erstmal laufen.

Tatsächlich – das Gerät lässt sich normal einschalten, die Stromaufnahme hält sich für einen A-1 im eher unterem Bereich. Da klickt auch schon das Lautsprecherrelais und das Gerät scheint Betriebsbereit, was ich eher überraschend finde wenn man die durchgeführten Arbeiten näher betrachtet.

Skeptisch führe ich ein paar grundlegende Messungen durch.
Angefangen wird mit dem Ruhestrom der Endstufe:

Ruhestrommessung der Endstufen

Die Messungen sehen auf den ersten Blick „OK“, der Ruhestrom liegt hier im normalen Bereich, allerdings auf einem Kanal deutlich zu gering (1.5mV)

Weiter geht es mit der DC-Balance der Vorstufe – diese sollte in der Theorie bei 0mV liegen, eine Abweichung von +/- 10mV wäre aber auch noch innerhalb der Toleranz.
Das Messergebnis zeigt hier allerdings aber eine deutlich größere Abweichung – die DC-Balance eines Kanals liegt bei knapp 40mV.

Messung der DC-Balance im Vorstufenbereich

Noch sportlicher wird es beim DC-Offset der Equalizer-Stufe.
Das Optimum wären hier ebenfalls 0mV bei einer Toleranz von +/- 200mV.
Der Messwert liegt hier aber bei satten 5.3V!!

Messung des DC-Offset im Equalizerbereich

Ich spare mir mal alle weiteren Kommentare und prüfe direkt am Ausgang der „reparierten“ Endstufeseite mit dem verbauten CDIL-Endstufentransistor.

Herrlich – die Endstufe schwingt im Ruhezustand bei gemütlichen 2,26Mhz – na hoffentlich sind die Hochtöner der Lautsprecher nicht in Mitleidenschaft gezogen worden.
Einfach traurig, das nichtmal eine kurze Kontrolle mit einem Oszilloskop erfolgte, nachdem ein Endstufentransistor-Tausch getauscht wurde.
Zum Spaß speise ich die Endstufe noch mit einem 1kHz-Testsignal:

Coole und traurige Sache – der Endkunde merkt vermutlich gar nichts von der Fehlfunktion und verzerrten Wiedergabe. Wenn man Glück hat und nicht zu laut Musik hört, rauchen eventuell die Hochtöner der Lautsprecher auch gar nicht ab….

Purer Musikgenuss (NICHT!) – bei 31.2% @ 8Ohm Total-Harmonic-Distortion (THD) (Spezifkation für den Yamaha A-1 sind 0,02% @ 8 Ohm)

Soweit so Schlecht – der Endstufenblock wird erstmal für eine genauere Messung ausgebaut – Die CDIL/Sanken Kombination schlägt mir schon ziemlich auf den Magen.

Der Typ ist zwar mit dem 2SC1116 der richtige – aber ob es sich tatsächlich um ein Original handelt? Der 2SC1116 wurde zwar tatsächlich für eine kurze Zeit von CDIL produziert, aber ist so gut wie nicht mehr aufzufinden.
(Kommentare zu den Schrauben spar ich mir mal wieder, sieht aber so aus als wäre hier mehr als nur einmal geschraubt worden…)

Der CDIL-Transi wird ausgebaut und an meinem Tektronix 576 Analyzer angeschlossen.

Geht’s dem verdächtigen Kandidat nun an den Kragen?

Wie immer erfolgt zuerst der Test auf maximal zulässigen Strom bei maximaler Leistung – in diesem Fall 10A bei 10V – ergibt die maximal zulässige Verlustleistung von 100W.
Die meisten billigen Fälschungen quittieren hier schon ihren Dienst.

Überraschenderweise übersteht der Transistor diesen Test ohne Probleme und zeigt keine Auffälligkeiten.

Ebenso die Verstärkung (hFE) liegt mit etwa B=50 im normalen Bereich.

Einen weiterer (Praxisnaher) Test folgt – der Betrieb mit höherer Versorgungsspannung.

Und siehe da! – bei etwa 80V quittiert der Transistor temporär seinen Dienst – es treten deutliche Störungen im Stromfluss auf – eine plausible Erklärung für die Schwingungen!
Allerdings lässt sich hier nicht definitiv festlegen ob der Transistor eine Fälschung ist.
Es könnte sich auch lediglich um unreines Silizium im Zuge der Produktion handeln, da CDIL damals ohnehin nicht für eine überragende Qualität bekannt war.

Am Ende der Analyse schaue ich mir die EQ/Phonoplatine noch etwas genauer an, und entferne die Abschirmung der JFET-Stufe – Was ist denn bitte da los?

Die 2SK100 wurden einfach gegen einzelne FETs getauscht und dabei nichtmal thermisch gekoppelt oder gar angeglichen. Selbst die Chargennummer ist eine andere! Vorallem – wieso bitte auf der Seite wo sich noch die originalen Transistoren befinden?
Zusätzlich wurden am anderen Kanal alle Transistoren gegen willkürliche Typen ausgetauscht – zur Krönung findet sich sogar noch ein PNP-Transistor welcher anstelle eines NPN’s eingebaut wurde!


Das übertrifft wirklich vieles was ich bisher gesehen habe!

Zusammenfassend:

  • Endstufe defekt/Fehlfunktion
  • Unsachgemäße Arbeiten Vorstufenplatine, falsche Bauteile
  • Unsachgemäße Arbeiten Phono/EQ Platine, falsche Bauteile, verschmorte Bauteile
  • Unsachgemäße Arbeiten Endstufenplatine, falsche Bauteile
  • Beschädigte Endstufenplatine
  • Scharniere der Frontklappe gebrochen
  • Operationsparameter ausserhalb der Spezifikation
  • zu hohe Verzerrung des Ausgangssignals
  • gebrochene Kanten der Platine

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