Der Tektronix 576 Curve Tracer / Halbleiter Analyzer – unter vielen Profi’s sowie Hobbyenthusiasten ein nicht wegzudenkendes Messgerät.
Obwohl die Markteinführung des 576 inzwischen über 50 Jahre her ist, wird dieses Messgerät nach wie vor rund um die Welt eingesetzt. Alternativen sind entweder extrem teuer, oder erreichen nicht dieselben Leistungsdaten wie der 576.
In manchen Datenblättern aktueller Halbleiter wird oftmals sogar noch auf den 576 als Referenzmessgerät verwiesen.
Wie man sich denken kann, weißt das Gerät aufgrund des Alters noch keinerlei CPU oder Schnittstellen zur Datenverarbeitung auf.
Der 576 ist quasi ein vollständig analoges Messgerät. Die „Messung“ wird ähnlich wie bei einem Oszilloskop in Echtzeit auf einer Röhrenanzeige ausgegeben, und muss dann manuell über die einzelnen am Bildschirm aufgezeichneten Divisionen abgelesen werden.
Dies ist auch tatsächlich der größte Nachteil dieses Messgeräts – es sind keine digitalen Messungen oder Archivierungen möglich.
Messungen können nur per Foto gespeichert werden, was eine anschließende Referenzierung erschwert.
Gerade bei der Selektion von Transistoren wäre es eine große Hilfe die Daten digital speichern zu können.
Einschlägige Tektronix Foren sind voll mit Ansätzen den 576 zu „digitalisieren“.
Beiträge reichen von heute bis zu 10 Jahren zurück – Geschafft hatte es davon leider bis dato noch niemand.
Lediglich ein amerikanisches Unternehmen bietet umgebaute 576er zu einem Kaufpreis von 5000$ mit einem „USB-Interface“ an. Sieht man sich dieses Angebot jedoch im Detail an, stellt man schnell fest das auch dies keine perfekte Lösung ist. Die eingeschränkte Software funktioniert nur sehr langsam, viele Daten müssen manuell eingegeben werden und es sind keine automatischen Messungen möglich.
Da ich selbst zwei Tektronix 576 besitze, und diese häufig zur Selektion von Endstufentransistoren verwende, wäre ein Digitalinterface mehr als nur ein Traum.
Ich verfolge seit Jahren Foren und hoffte auf eine Lösung – da bis dato aber alle Versuche der Community gescheitert sind, habe ich nun selbst die letzten Monate damit verbracht eine Lösung zu entwickeln…
…und nach 4 Monaten Entwicklung sowie unzählige Stunden kann ich mit Freuden verkünden: ES FUNKTIONIERT!!
Mit enormem Aufwand ist es mir gelungen nicht nur ein vollständig automatisiertes Messsystem für den 576 zu entwickeln, sondern dieses auch in das Gehäuse des 576 zu integrieren.
Oben drauf sind keinerlei technische Änderungen von Gehäuse oder vorhandenen Schaltkreisen nötig.
Wie funktioniert das ganze nun also? Das schauen wir uns nun im Detail an:
Der 576 ist wie bereits erwähnt vollständig analog aufgebaut.
Die „Messwerte“ des DUTs (Device under Test) beeinflusst also in Echtzeit die vertikale (Strom) und horziontale (Spannung) Ablenkung der Anzeigeröhre.
Das ist nach Stundenlangem studieren des Schaltplans auch tatsächlich die einzig zuverlässige Quelle die für eine „Digitalisierung“ bleibt.
Problem: Die vertikale und horizontale Verstärkerstufe ist mit Mosfet’s aufgebaut und hochsensibel. Alle Versuche die Messwerte innerhalb bzw. vor der Verstärkerstufe abzugreifen scheiterten, da dadurch entweder das Signal selbst beeinflusst wurde, oder die Verstärkerstufe dadurch nicht mehr richtig arbeitete.
Es blieb also tatsächlich nur das Signal am Verstärkerausgang zu verwenden – Dies weißt aber eine Spitzenspannung von 250V auf – Tödlich für jeden Analog/Digital-Konverter.
Das Signal muss also zunächst durch einen präzisen Spannungsteiler verkleinert werden, was wiederrum den Dynamikumfang erheblich einschränkt, da wir später für die Messung nicht mehr wie Original einen Umfang von 100-250V haben, sondern plötzlich nur noch 2-5V.
Dementsprechend ist nicht nur ein schneller, sondern ein hoch-präziser ADC nötig.
Das nächste Problem ist, das die Ablenksignale für Horizontal/Vertikal absolut Zeitgleich aufgenommen werden müssen. Gibt es nur eine minimale Abweichung, korrelieren die Messdaten anschließend nicht mehr bzw. sind völlig verfälscht.
Experimente haben gezeigt, das die Verwendung eines einzelnen Mehrkanal ADCs und dem Umschalten der Kanäle und der anschließenden „Settle-Time“ bereits eine zu hohe Diskrepanz der Zeitdifferenz von Horizontal/Vertikal erzeugt.
Es bleibt also tatsächlich nur die Verwendung von 2 dedizierten ADCs welche simultan die Signale digitalisieren.
Zur Steuerung der beiden ADCs wird ein Mikrocontroller verwendet, der je nach gewählter Samplingrate Abbilder des Messignals ins RAM speichert und der „CPU/DSP“ zur Verfügung stellt.
Um später auch eine Korrelierung der Messwerte zu ermöglichen, ist es nötig sämtliche Schalterpositionen des 576 ebenso zu digitalisieren.
Dafür kommen zwei 16-Bit I/O Interfaces zum Einsatz.
Als CPU/DSP kommt aufgrund des hohen Rechenbedarfs und dem Wunsch nach einem WebInterface ohne zusätzliche Software ein Raspberry 4 zum Einsatz.
Dieser rendert in Echtzeit die Messdaten des ADC-Controllers, wertet die Daten aus, führt auf Wunsch Messungen durch und gibt diese in Echtzeit in einem WebInterface aus. Es wird keine zusätzliche Software benötigt – Lediglich ein Client mit normalen Browser (z.B Firefox) ist nötig.
Weiters können Messungen gespeichert sowie aufgezeichnet werden (um z.B Temperaturänderungen eines Halbleiters zu analysieren) und jederzeit wieder abgerufen werden.
Aufgezeichnete Kurven können in Echtzeit sowie auch später im Storage zu jedem Punkt vermessen werden.
Die selbst entwickelte Software übernimmt ebenso die Synchronisierung sowie Erkennung der einzelnen Kurven der Messungen und kann zusätzlich die Verstärkung sowie z.B Ube berechnen.
Die Firmware für den ADC Microcontroller habe ich in C geschrieben, die Software für die CPU/DSP in Python, PHP sowie JS – PS: Ich bin immer wieder überrascht wie performant PHP7 sein kann, wenn richtig angewendet – Eine LIVE-Bildrate von 4-5fp/s sind kein Problem.
Der DSP hostet direkt OnBoard ein WebInterface mit der Messsoftware. Dieses kann einfach per WLAN erreicht werden.
UPDATE:
Aufgrund der hohen Nachfrage habe ich mich entschlossen weiter an der Entwicklung dieses Projekts zu arbeiten.
Nach weiteren 3 Monaten ist nun ein vollständiges „KIT“ verfügbar, welches einfach in jeden 576 eingebaut werden kann.
Bei Interesse einfach eine Nachricht an mich schreiben.
Hier gibt es noch ein kleines Demo-Video dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=L1nNEFJvU0s
Getauft „Tek576 – SAS“ – („Semiconductor Analyzer Studio”)