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Yamaha A-1 – die 2.

HiFi Reparatur und Service

Wenn man denkt es geht nicht mehr (schlimmer), kommt von irgendwo ein A-1 daher.
Unter diesem Motto muss ich wohl leider diesen Blogeintrag verfassen.

Das Gerät war vor einiger Zeit zur „Reparatur bzw. Überholung“ bei einem HiFi-Laden in Deutschland, wobei der Ausdruck Reparatur bzw. Service bei den durchgeführten Arbeiten wohl eher so weit entfernt wie die Erde vom Mars ist.
Wie es aussieht ist dem eigentlichen Besitzer des Geräts auch nichts darüber bekannt (das Gerät funktioniert ja Augenscheinlich) – er möchte es einfach nochmal zum Service bringen und fand in Österreich niemanden der diesen alten Klassiker auf seinen Tisch lässt.

Aber alles der Reihe nach – bevor ich das (eigentlich „funktionierende“) Gerät in Betrieb setze, nehme ich erstmal den Gehäusedeckel sowie die Bodenplatte ab, und führe eine reine Sichtprüfung durch.

Einige Dinge fallen hierbei sofort auf (was eigentlich kein gutes Zeichen darstellt – ist eine Reparatur professionell durchgeführt, sollten auf den ersten Blick keine Abweichungen zum Originalzustand auffallen)

Beschädigte Leiterbahnen auf der Netzteilplatine
Sicherungswiderstände der Vorstufe wurden gegen normale Kohleschichtwiderstände getauscht – Brandgefahr
Vorwiderstände der Endstufentreiber wurden ebenso durch Metallschichtwiderstände ersetzt – Brandgefahr

Ebenso ins Auge stechen diverse „abgenudelte“ Schrauben der Endstufenblöcke

Kein Weltuntergang – aber von einem professionellem Servicebetrieb sollte man eigentlich adäquates Werkzeug erwarten um solche Zustände zu verhindern

Ein seitlicher Blick auf die Endstufentransistoren lässt mich hier aufhorchen.

Blitzt da etwa ein „CDIL“ am Transistor hervor? Das wäre ja die Krönung schlechthin – immerhin steht am komplementären Transistor der selben Seite noch „SANKEN“.
Ein Blick auf die Unterseite verrät – hier wurde aufjedenfall ordentlich „umgewerkt“

Beschädigte Leiterbahnen im Endstufen und Endstufentreiberbereich

Auch im Phonobereich sowie der Unterseite der Vorstufe wurde vom feinsten herumgedoktert.

geschmolzener Filterkondensator durch unsachgemäße Lötkünste sowie eine gebrochene Vorstufenplatine

In der Equalizerstufe wurde wohl verzweifelt versucht einen Fehler zu finden und schlicht sämtliche Transistoren und Widerstände ausgewechselt, während die andere Seite „Original“ belassen wurde.

weiterer angeschmolzener Kondensator

Soweit zur Befundaufnahme – die Liste ist zugegeben erstmal ziemlich lang, aber angeblich soll das Gerät ja funktionieren. Darauf bin ich sehr neugierig und lass die Kiste erstmal laufen.

Tatsächlich – das Gerät lässt sich normal einschalten, die Stromaufnahme hält sich für einen A-1 im eher unterem Bereich. Da klickt auch schon das Lautsprecherrelais und das Gerät scheint Betriebsbereit, was ich eher überraschend finde wenn man die durchgeführten Arbeiten näher betrachtet.

Also gehts mal an ein paar Messungen.

Ruhestrommessung der Endstufe

Die erste Messung sieht OK aus, der Ruhestrom liegt mit 6.7mV im normalen Bereich.

Messung der DC-Balance im Vorstufenbereich

Anders sieht es hier bei der DC-Balance in der Vorstufe aus. Mit knapp 39mV ist der Sollwert von 0mV stark abweichend und weit außerhalb der Toleranz von +/-10mV

Noch lustiger wird es allerdings beim DC-Offset für die EQ-Sektion

Messung des DC-Offset im Equalizerbereich

Satte 5.3V bei einem Sollwert von 0mV und einer maximal zulässigen Toleranz von +/-0,2V

Naja – ich spar mir mal alle weiteren Kommentare und stöpsel mich mal direkt an den Ausgang der „reparierten“ Endstufeseite mit unserem CDIL-Freund

Herrlich – die Endstufe schwingt im Ruhezustand bei gemütlichen 2,26Mhz – na hoffentlich sind die Hochtöner der Lautsprecher nicht in Mitleidenschaft gezogn worden.
Einfach traurig, das nichtmal eine kurze Kontrolle mit einem Oszilloskop erfolgt, nachdem ein Endstufentransistor-Tausch erfolgt ist.
Zur Bespaßung leg ich noch ein 1kHz-Signal und beobachte was passiert.

Coole Sache – der Endkunde merkt also vermutlich gar nichts, wenn man glück hat und nicht zu laut Musik hört, rauchen eventuell die Hochtöner der Lautsprecher auch gar nicht ab.

Purer Musikgenuss – bei 31.2% @ 8Ohm Total-Harmonic-Distortion (THD) (Spezifkation für den Yamaha A-1 sind 0,02% @ 8 Ohm)

Also genug mit der Rummesserei – der Endstufenblock wird erstmal ausgebaut, ich vermute in diesem Fall die Ursache des Schwingens direkt bei den Endstufentransistoren.

Der Typ ist zwar mit dem 2SC1116 der richtige – aber ob es sich tatsächlich um ein Original handelt? Der 2SC1116 wurde zwar tatsächlich für eine kurze Zeit von CDIL produziert, aber ist so gut wie nicht mehr aufzufinden.
(Kommentare zu den Schrauben spar ich mir mal wieder, sieht aber so aus als wäre hier mehr als nur einmal geschraubt worden)

Der CDIL wird ausgebaut und wird erstmal an meinem Tektronix 576 Analyzer geschnallt.

gehts dem verdächtigen Kandidat nun an den Kragen?

Wie immer erfolgt zuerst der Test auf maximal zulässigen Strom bei maximaler Leistung – in diesem Fall 10A bei 10V – ergibt die maximal zulässige Verlustleistung von 100W
Die meisten billigen Fälschungen quittieren hier schon ihren Dienst.

Überraschenderweise übersteht der Transistor diesen Test ohne Probleme und zeigt keine Auffälligkeiten.

Ebenso die Verstärkung hFE liegt mit etwa B=50 im normalen Bereich.

Einen weiteren (viel Praxisnäheren) Test folgt allerdings – der Betrieb mit höherer Versorgungsspannung.

Und tatsächlich – bei etwa 80V quittiert der Transistor temporär seinen Dienst – es treten deutliche Störungen im Stromfluss auf, eine plausible Erklärung für die Schwingungen.
Allerdings lässt sich hier nicht definitiv festlegen ob der Transistor eine Fälschung ist.
Es könnte sich auch lediglich um unreines Silizium im Zuge der Produktion handeln, da CDIL damals ohnehin nicht für eine überragende Qualität bekannt war.

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